Beitrag veröffentlicht am: 31. Oktober 2019
Ich starre die ganze Zeit auf das maskenhafte Gesicht des Verkäufers. Er trägt einen Haaransatz, der sich wirr und fett und rabenschwarz um eine riesige Glatze windet. Ich stehe seit Minuten gebannt an Position zwei in der Schlange vor der Fleischtheke. Er löst behäbig irgendwelche Stücke von Knochen. Ich habe meine Ansageliste für den Fall, dass ich mal an die Reihe komme, schon mehrmals verändert. Er schaut auf und verhandelt langwierig mit der Kundin vor mir ein paar Scheiben Aufschnitt. Ich überschlage den Inhalt meines Kühlschrankes und versichere mir die Wichtigkeit dieses Einkaufes. Er wischt mit der flachen Hand Wurststücken in graue Pergamentpapierblätter. Ich habe während dessen erneut meine Wunschliste überarbeitet. Er wetzt jetzt das Messer, um sich am nächsten Brocken zu Schaffen zu machen. Ich kann es nicht fassen. Er drückt das weiterhin stumpfe Metall durch blutiges Rot. Ich fühle mich außer Stande, auf die Uhr zu sehen. Er wischt sich immer wieder die Nase mit einem Stoffstück, das er während der ganzen Zeit nicht aus der Hand legt. Ich atme flach. Jetzt begrüßt er mit einem breiten Grinsen einen neuen Kunden, der sich jenseits der Schlange am Tresen breit gemacht hat; der jetzt eine zerfetzte Plastetüte mit einem Fleischstück darin über den Ladentisch reicht und zu palavern beginnt. Ich verstehe nichts. Der Verkäufer nimmt Geld aus der Kasse und reicht es über die Theke in die offene Hand des leicht nickenden Kunden. Ich versuche mir vorzustellen, wie groß das Haustier gewesen sein muss, um ein solch großes Stück heraus lösen zu können, und gehe.
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